\-)                                                Erspar mir doch diese Geschichte. Bitte wie Sie wollen: 
 
 
Tip Das Land des traurigen Glücks

 

 
Das Zebra Egon war fast zu nennen schlank und rank -
Es wurde von allen beobachtet - durch die Bank.
Denn viele schwarze Punkte zierten die gelbe Haut.
Egon - ihr wißt schon, ein Zebra, hierauf nicht erbaut.
 
 
 
 
 
 
Des weiteren gab es da noch eine lustlose Kugel ziemlich rund.
Ilse - so lautete ihr Name - suchte verbissen nach einem Grund,
warum gerade sie nicht eckig, kantig oder spitz beschaffen war,
sondern unstet, rollend, unhaltbar für immerdar.
 
 
Das Dutzend war noch nicht voll zu nennen.
Drei sind doch auch schon ganz toll im Rennen.
So gesellte sich noch ein Märchen zu den Zweien.
Konnte es da noch die richtige Würze verleihen?

Es erzählte vom üblichen Kram in der Gegend.
vom Wandersbursch, lustlos tingelnd, nach nichts mehr strebend.
Schau 'ne Prinzessin in den Klauen eines Drachens,
Er mußte sie retten, heiraten - nichts zu lachen.

 
So wandelten alle drei bloß traurig nur dahin,
Zebra, Kugel und Märchen - wo schauten sie bloß hin?
Denn sie krachten mit einem Mal mit Wucht zusammen,
Egon meinte 'tschuldigung, wollte euch nicht rammen.
 
 
 
 
All die Sorgen, die man hat. Sie hielten auch gleich Rat.
Zu beschließen, was die Stunde gebot - welche Tat
zu vollbringen war, um wieder glücklicher zu sein,
ohne feige den Kopf in den Sand zu stecken - nein.
 
 
 
 
 
 
 
 
Unser Märchen meinte im verschwörerischem Ton,
kennt ihr eigentlich das Land des traurigen Glücks schon?
Ein kleiner Staat, weit, weit weg, aber kein Paradies.
Denn die Last des Regierens ist viel zu groß - wie fies.

So denkt das traurige Glück und ist gar schlecht gelaunt.
"Das nutzen wir aus" Egon zu Hilde rüberaunt.
"Ja" stimmte das Märchen jubelnd und glucksend schon zu.
Packen wir es an. Dalli, dalli und  gschuh, gschu, gschuh.

 
 
 
 
Trabten, rollten, schwebten fürs Erste einfach so dahin
So erreichten sie schließlich das Ziel in ihrem Sinn.
Jetzt sahen sie zahlreich fröhliche Menschen wandeln.
Konnt' sich nur um das Land des traurigen Glücks handeln.
 
Schon trat Egon die Tür ein - und zwar ungezwungen.
? Kein Schaden entstand - war schon offen, hatten sich schon ausbedungen.
 
 
 
 
? Glück wir wünschen Deine Macht, wollen herrschen  bis es kracht.
? Oder 'mal ganz leise treten, feiern stille Feten, sodaß unser Herze lacht. 
 
 
 
 
 
 
 
 
Das Glück schreckte aus seinem Kummer auf - frohlockte.
"Ihr wollt es tun, jetzt wo ich schon so lang hier hockte?
Aber wie dem auch sei, ich geb' Euch meinen Segen.
Macht, was Ihr wollt. Kann ich mich jetzt in die Sonne legen.

Sprach's und war schon fort an irgend einen stillen Ort.
Oder vergnügte sich auf Parties, mal hier, mal dort.
Trank mit dem Yeti im Himalaya Tee mit Rum,
So genau weiß das jetzt keiner mehr - aber sei's drum.
 

 
Das Glück gluckste vor Glück und sagte: „So sei es. Macht was ihr wollt! Regiert, wie es euch Spaß macht. Meinen Segen sollt ihr haben. Ich haue mich über die Häuser. Lebt wohl! Adieu!“
 
So sprach es und weg war es. Einfach so.
 
„Jetzt stehen wir schön da“, meinte das Märchen, „läßt uns hier einfach so sitzen.“
 
„Richtig, du hast recht. Aber das ist auch gut so“, antwortete Egon, „So leicht kommt man sonst nicht mehr zu einem Königreich. Wenn du mich fragst, ich bin glücklich. Ein richtiger Herrscher zu sein, von dem habe ich schon immer geträumt.“ 
 
„Mir geht es noch viel besser“, frohlockte die Kugel. Sie war, als das Glück verschwand vor Schreck in zwei Teile zerbrochen und konnte sich weder vor noch zurück bewegen. Endlich hatte es einen unverrückbaren, festen, nicht mehr so leicht zu verändernden Standpunkt einnehmen können. 
 
Auch das Märchen war durchaus zufrieden. Endlich hatte es einen anderen Inhalt. Die Abenteuer, die es soeben erlebt hatte, waren viel schöner, als sein bisheriger Inhalt, eben märchenhaft. Der Wandersbursche konnte von ihm aus mit seiner häßlichen Prinzessin versauern und von der sich rächenden Drachenzunft zum Frühstück verspeist werden. 
 
Was geschah eigentlich mit dem jetzt glücklichen Glück. Es befindet sich einmal hier, einmal dort. Manchmal hält es sich im Himalaja auf und trinkt mit Yeti eine gemütliche Tasse heißen Tee mit Milch, ein anderes Mal wieder im Bermudadreieck, dann wieder in einer kleinen Hütte am Ende des Universums, oder in den Slums von Los Angeles - wie es ihm eben gerade einfällt. Aber an irgendwelche Regeln läßt es sich nie mehr binden. Es taucht einfach dort auf, wo es ihm Spaß macht und verschwindet genauso schnell wieder und ward nicht mehr gesehen.
Und wenn das gelbe Zebra mit den schwarzen Punkten, namens Egon, sowie die schizophrenen Halbkugeln mit den Namen Ilse und Hilde und das Märchen vom Land des traurigen Glücks noch nicht gestorben sind, dann hoffen sie noch heute, daß sie doch wieder einmal Glück hätten und den ganzen Krempel hier hinschmeißen könnten und wieder das unbeschwerte, freie verantwortungsfreie Leben von früher führen dürften.
Illustrationen: Brigitte Leitner
Copyright: Reinhard Leitner
 
 
\-)                                                                                                             Auf zu neuen Taten: