Es war ein heißer Tag gewesen. Ein herrlicher Sommertag, einfach ideal für einen Besuch in der Badeanstalt. Stundenlang hatte ich mir dort die Sonne auf den Pelz brennen lassen, war einige Male im Wasser gewesen und mit ein paar Kumpels zusammengetroffen. Saufkumpels wohlgemerkt, denn zu jener Zeit hatte ich eigentlich keine anderen. Und selbstverständlich war der Schwimmbadkiosk von uns um einige Flaschen Bier erleichtert worden. Jetzt, am frühen Abend, trafen die Jungs wieder zusammen, wie wir es täglich zu tun pflegten. In der Stammkneipe halt. Nach und nach formierte sich die Clique aus dem Schwimmbad am Tresen und schnell floß das Bier wieder in Strömen.
Einer war am Nachmittag nicht dabei gewesen. Aber der hatte auch –im Gegensatz zu den meisten anderen- einen Job, der schlicht mit dem Attribut »normal« zu umschreiben war. Als Busfahrer arbeitete er in einer etwas größeren Nachbarstadt. Außerdem war er schon ein paar Jahre älter als wir, was ihn jedoch keineswegs davon abhielt, an unseren abendlichen Saufgelagen teilzunehmen. So dauerte es auch nicht lange, bis Richard, so hieß der Typ, auftauchte und unverzüglich einen seiner trocken-witzigen Sprüche losließ, für die er richtiggehend berüchtigt war.
»Was läuft denn hier für 'ne Scheiß-Musik. Einmal BAP und ein Bier bitte«, fuhr er den Wirt förmlich an, aber jeder wußte, daß dies keineswegs eine ordinäre Taktlosigkeit war, sondern eben Richards Art, Leute zu begrüßen.
»Hast du Nachschub dabei?«
Ein wenig trüb dreinblickend beantwortete Richard meine Frage mit einem behäbigen Kopfschütteln.
»Ich hab' meine Schwägerin noch nicht getroffen«, meinte er nach einer kurzen Pause und runzelte sogleich die Stirn.
»Hey Junge«, fuhr er an meine Adresse gerichtet fort, »das Zeug ist wirklich nicht ungefährlich. Du solltest echt vorsichtig damit sein ... Ich natürlich auch.«
Er wandte sich ab. In unserem Dialog drehte es sich um Tabletten. Ein Beruhigungsmittel eigentlich, aber wir benutzten es schon eine geraume Weile, um uns zuzudröhnen. In Verbindung mit ein paar Glas Bier rief dieses Zeug einen unbeschreiblichen Rauschzustand hervor. In der Regel nahmen wir jeder eine halbe dieser länglich-oval geformten Pillen, um schon bald darauf ziemlich apathisch an der Theke herumzuhängen und meist wortlos unsere Umwelt nur noch schemenhaft zu erfassen. Seine Schwägerin, so hatte Richard mir mal verraten, bekäme dieses Medikament verschrieben. Sie habe massenweise davon, möge es nicht und daher sei es für ihn ein leichtes, hin und wieder in die Arzneimittelpackung zu greifen.
»Dann trinken wir halt 'nen Schnaps«, meinte ich gleichmütig und bestellte zwei Magenbitter, die zu jener Zeit der absolute Renner in der Kneipe waren. Es war mir damals vollends egal, wovon ich high wurde, Hauptsache es dröhnte irgendwie und Richard, so wußte ich, ging es genauso. Wahrscheinlich war es genau das, was zwischen uns eine Art Freundschaft hatte entstehen lassen – ich arbeitslos, von einer Frau verlassen, ohne greifbare Perspektive für mein weiteres Leben und er frisch geschieden, augenscheinlich seine Frau und die beiden Kinder vermissend. Da lag es einfach nahe, sich zusammenzutun.
Am späteren Abend, ich hatte längst meine durch den Alkoholkonsum hervorgerufene Höchstform erreicht, begann ich eine Plauderei mit einer Frau, die ich noch nie zuvor gesehen hatte und wohl aus eben diesem Grund mein gesteigertes Interesse erregte. Das Mädel war neunzehn und lebte tatsächlich nicht in unserer Stadt. Aber Verwandtschaft von ihr, so erklärte sie, wohne in einem Vorort und sie sei dort zu Besuch. GeZeit für ein Gedicht?am nahmen wir ein paar Bier, faselten allerlei thekengewöhnliches Zeug, alberten ein bißchen herum und hatten durchaus einigen Spaß dabei.
»Ich muß jetzt mal los«, meinte meine neue Bekanntschaft irgendwann und orderte den Wirt, um zu bezahlen.
»Fährst du noch?«, wollte ich wissen, weniger dabei an ihren Führerschein denkend, als an ihre Gesundheit. Immerhin war auch sie reichlich angetrunken. Überdies hatte ich seinerzeit die –zugegebenermaßen etwas scheinheilige- Angewohnheit, mich um den sicheren Heimweg weiblicher Kneipengäste zu sorgen.
»Ich hab' gar keinen Führerschein«, bekam ich postwendend zu hören.
»Und jetzt willst du zu Fuß gehen?«
»Ach, das macht mir nichts aus. Da werd' ich anschließend gut schlafen. Außerdem gehe ich ganz gerne zu Fuß«.
»Ausgeschlossen«, entgegnete ich mit aufgesetzter Empörung. »Selbstverständlich bringe ich dich nach Hause«.
Ungläubig fing die Frau an, zu grinsen. Sie erklärte mir abermals, wo ihre Verwandten wohnten und daß der Weg dorthin ganz schön weit sei.
»Das interessiert mich nicht«, entfuhr es mir, nicht ohne selber ein drastisches Maß an Arroganz in dieser Äußerung zu registrieren. Die typische Arroganz eines Gockels halt, der sich alle Mühe gibt, mal wieder einer Henne den Hof zu machen.
Richard war längst weg. Er kannte mich gut genug, um zu wissen, daß ich diesen Laden selten ohne weibliche Begleitung verließ.
Kurze Zeit später brachen wir auf. Viel zu erzählen hatten wir uns eigentlich nicht mehr. Das lag allerdings vorwiegend daran, daß ich –infolge meiner zuvor reichlich genossenen Flüssignahrung- ein wenig Mühe hatte, mich einigermaßen geordneten Schrittes fortzubewegen.
Der Vorort, in den wir aufgebrochen waren, lag etwas oberhalb der Stadt. Gleich neben der Straße dorthin befand sich der städtische Friedhof, der gewissermaßen eine Verbindung zwischen Kernstadt und Außenbezirk darstellte. Als wir am Tor vorbeikamen, machte ich der Tussi den Vorschlag, über den Totenacker zu gehen. Sie grinste mich an, als sei ihr gerade eine Mutprobe vorgeschlagen worden. Aber mitten in der Nacht über einen Friedhof zu schleichen, schien auch sie zu reizen, so daß wir tatsächlich die etwa 50 Meter von der Straße entfernte Route nahmen. Beiden war uns dieser etwas unheimlich anmutende Ort nicht sonderlich geheuer. Und angesichts der Dunkelheit bewegten wir uns ganz dicht beieinander, kaum ein Wort redend, ja selbst das Atmen auf ein Minimum beschränkt.
Es passierte ganz am Ende des Friedhofes. Die ersten Häuser der Nachbargemeinde waren schon schemenhaft erkennbar, als ich plötzlich leicht strauchelte und mich an meiner Begleiterin festhielt.
»Pardon«, hauchte ich der Frau entgegen, die meine Berührung indes sanft entgegnete. Wie magisch angezogen näherten sich auf einmal unsere Gesichter und nach Sekunden klebten unsere Lippen aneinander. Wenige Augenblicke später sanken wir auf eines der dort noch reichlich vorhandenen freien Rasenstücke, streiften in Windeseile die Klamotten herunter und vereinigten uns. Als sei das die normalste Sache der Welt, es mitten in der Nacht auf einem Friedhof miteinander zu treiben, gebärdeten wir uns wie Karnickel, die mit nichts und niemandem einen Vertrag haben.
»Komm, ich bring' dich nach Hause«, meinte ich ziemlich bald, nachdem wir fertig waren. Zügig, ja fast hastig zogen wir uns wieder an und verließen den stillen Ort durch eine Lücke in der Hecke. Nach wenigen Minuten, in denen wir kein einziges Wort mehr miteinander wechselten, war unser geZeit für ein Gedicht?amer Weg zu Ende.
»Da vorne wohnen meine Verwandten. Am besten kommst du nicht bis zum Haus mit, weil möglicherweise noch jemand wach ist.« Das Mädel sorgte sich offenbar um seinen Ruf und so verabschiedeten wir uns mit einem mehr als flüchtigen Kuß voneinander.
»Die Leute werden schon wissen, warum«, dachte ich auf dem Nachhauseweg vor mich hin und grinste kurz über diese ungewöhnliche, ja geradezu bizarre Begegnung.
Als Richard am nächsten Abend in die Kneipe kam, mußte ich ihm gleich von meinem Erlebnis berichten. Zwar hatte er sich schon gedacht, daß ich die Biene abgeschleppt hatte, lachte sich aber halb kaputt, als er die Einzelheiten vernahm. Umgehend begossen wir mein jüngstes Abenteuer mit einem Bier und einem Magenbitter. Und auch Tabletten hatte er wieder dabei. Unauffällig brach Richard eine in der Mitte entzwei und reichte mir die Hälfte. Schon kurz danach schwebten wir in einem Ozean von Glückseligkeit, stierten und soffen nur noch still vor uns hin.
»Da kommt meine Frau vom Friedhof«, kicherte ich auf einmal los. Das Mädel wirkte reichlich verlegen, als es mich erblickte und begab sich mit seiner Begleiterin rasch auf die andere Seite der Theke.
Richard kriegte sich nicht mehr ein. Den Rücken zum Tresen gewandt, hielt er sich den Bauch vor Lachen.
»Ich stell mir das gerade bildlich vor ... auf dem Friedhof ...«. Schon hatte er mich angesteckt. Auch ich drehte mich um und minutenlang konnten wir uns nicht mehr ansehen, ohne augenblicklich draufloszugeiern. Sichtlich verwirrt verließ meine »Frau vom Friedhof« bald darauf das Lokal, nicht ohne von uns abermals mit unmöglich zu verbergendem Gelächter bedacht worden zu sein. Ein Lachen, das freilich weniger ihr galt, als dem absonderlichen Film, den ich mit ihr gedreht hatte.
Zu jener Zeit waren Frauen für mich Konsumartikel. Es verging kaum eine Nacht, in der ich nicht etwas weibliches zum Vernaschen fand und hatte längst den Ruf eines Schürzenjägers weg. Eine meiner zahllosen Liebschaften, eine junge Frau, mit der ich mich vorzugsweise im Wald vergnügte, schlug irgendwann vor, Spaghetti zu kochen. Nichts besonderes eigentlich, aber dieser Käfer brachte das wirklich wohlschmeckende Essen mitten in der Nacht zu einem völlig entlegenen Ort, an dem ich geZeit für ein Gedicht?am mit Richard als Vorposten eines Open-Air-Konzertes fungierte. Hinreichend Grund für Richard, später noch desöfteren zu bemerken: »Der Typ ist rundum versorgt. Der hat eine Frau für den Friedhof, eine für die Spaghetti und manchmal sogar eine fürs Bett ...«
Einige Wochen später wurde ein denkwürdiges Ereignis im Fernsehen übertragen. Die Kölner Mundart-Rockgruppe BAP trat im Rahmen eines europaweit übertragenen Open-Air-Festivals auf der Loreley auf. Und außer den Musikern aus der Domstadt, die ich knapp einen Monat zuvor als Vorgruppe der Rolling Stones live erlebt hatte, traten dort weltberühmte Musiker wie Eric Burdon und Rory Gallagher auf. Seinerzeit wohnte ich noch bei meinen Eltern, die an jenem Tag gottseidank verreist waren. Extra für den Auftritt von BAP hatte ich mir ein bißchen Haschisch besorgt, das ich –kurz vor Beginn des Gigs- in Form eines Joints zu mir nahm. Als immens abenteuerlich und aufregend empfand ich es, im Wohnzimmer meiner Eltern zu kiffen. Insbesondere die Vorstellung, mein Vater, unter dessen konservativer Erziehung ich viele Jahre hatte leiden müssen, könne mich hier erwischen, rief ein unbeschreibliches Kribbeln in mir hervor. Und, von paranoiden Anwandlungen getrieben, lief ich in der Folgezeit dauernd zur Tür, um mich schlicht zu vergewissern, daß auch bloß niemand käme.
Der Auftritt von BAP war gigantisch. »Mer wollten üch 'ne schöne Jrooß bestelle«, rief Sänger Wolfgang Niedecken unter dem frenetischen Jubel des Publikums ins Mikrofon und es folgte ein Konzert, das die Bezeichnung »denkwürdig« zweifelsohne verdient hatte. Der Song über die Kaputtsanierung der Kölner Südstadt, das brandneue »Wenn et Bedde sich lohne däät«, »Müsli-Man« und das wunderschöne Teil »Do kanns zaubre« - ich kriegte mich vor Begeisterung kaum noch ein. Und dauernd wetzte ich zum Fenster um nachzusehen, ob jemand kommt. Zwischendurch überlegte ich kurz, Richard anzurufen, aber der saß sicher genauso weggetreten vor dem Fernseher, wie ich. Außerdem würde ich ihn ja sicher am späteren Abend noch treffen.
»Helfe kann dir keiner«. Richards Lieblingslied ließ mir eiskalte Schauer über den Rücken rinnen, obwohl es bullenwarm war. Und bei »Anna« sang ich lauthals mit, an die gleichnamige Frau denkend, die mich rund ein Jahr zuvor unwiederbringlich meines Herzens entledigt hatte und derentwegen ich mich seither völlig gehen ließ. Hin und hergerissen saß ich vor dem Fernseher, drehte meinen zweiten Joint, rannte zum Fenster und konnte es kaum glauben, ausgerechnet im ansonsten so langweiligen Wohnzimmer meiner Eltern ein derartiges Hochgefühl zu erleben.
Nach dem sentimentalen »Wellenreiter« kam der Song, auf den die Publikumsmeute sowohl vor Ort, als auch an den Fernsehschirmen, gewartet hatte. »Verdamp lang her«. Dieses Ding hatte sich in den Monaten zuvor zu einer regelrechten Hymne in unserer Stammkneipe entwickelt, bei der selbst Leute mitsangen, die ansonsten eher der Kategorie »Langeweiler« zuzuordnen waren. Wie ein Besessener bearbeitete Gitarrist Klaus Heuser, den die Fans respektvoll »Major« riefen, sein Instrument. Die Zugabe kriegte ich kaum noch mit, weil ich bereits dabei war, mich ausgehfertig zu machen. Während BAPs »Frau, ich freu' mich« aus dem laut aufgedrehten Fernsehgerät dröhnte, schlüpfte ich in ein Paar Schuhe und brachte mein Outfit vor dem Spiegel einigermaßen in Ordnung, gleichzeitig eine selten erlebte Gier nach frisch gezapftem Bier verspürend. Noch einmal nahm ich kurz vor der Flimmerkiste Platz, als der Moderator die völlig erschöpften Musiker interviewte, denen deutlich anzumerken war, wie sehr sie von ihrer eigenen Leistung, aber auch von der Publikumsresonanz vor Ort überwältigt waren.
In der Kneipe angekommen, berichtete ich dem Wirt sogleich von dem grandiosen Konzert. Aber, wie Wirte halt so sind, zeigte der sich mehr erfreut darüber, daß ich diesmal einen halben Liter bestellte und gleich dazu einen Schnaps. Schon bald darauf erschien auch Richard. Der Typ verstand es glänzend, Emotionen jeglicher Art zu kaschieren und tat zunächst so, als sei überhaupt nichts besonderes los. Doch als er zwei große Bier und zwei Magenbitter orderte, wußte ich, daß auch ihn der BAP-Auftritt mitgerissen hatte. Hätte mich auch gewundert, wenn nicht. Immerhin hatte ich ihn stets als den wohl größten Fan dieser Band erlebt.
Es dauerte nicht lange, da hatten wir den Wirt überredet, ein Band der Kölner Formation aufzulegen. In der Folgezeit soffen wir uns nahezu um den Verstand, sangen, machten passende Gebärden und Minen zur Musik und ließen uns schließlich als letzte Gäste vor die Tür setzen.
»Ich hab' das Konzert von heute abend übrigens aufgenommen«, stammelte Richard, als wir am frühen Morgen auf der Straße standen. Keine Frage – selbstverständlich landete ich noch in seiner Wohnung, wo wir uns die Videoaufnahme geZeit für ein Gedicht?am reinzogen. Alles kriegte ich allerdings nicht mehr mit. Sternhagelvoll und hundemüde schlief ich irgendwann ein, bis Richard mich weckte.
»Wenn du willst, kannst du hier auf dem Sofa pennen«, hörte ich seine Stimme, die mir meilenweit entfernt vorkam. Aber ich zog es vor, nach Hause zu gehen, nicht zuletzt, um unnötigen Ärger mit meinen Eltern zu vermeiden und wankte schließlich im Morgengrauen Richtung Heimat, um bis zum Nachmittag meinen Rausch im eigenen Bett auszuschlafen.
In den folgenden Wochen veranstalteten wir noch häufiger nächtliche Videomeetings, stets unterstützt durch Unmengen von Alkohol, Tabletten und hier und da auch mal einen Joint. Mit Begeisterung schilderte Richard, daß seine zweijährige Tochter dauernd danach verlange, das BAP-Video zu sehen.
»Papa, Luballon«, fordere sie dauernd, das Band ansehen zu dürfen und meinte damit eine Szene nach der ersten Nummer, als über der Loreley-Bühne hunderte bunter Luftballons aufgestiegen waren. Zu jener Zeit begannen Richard und ich, uns mit einer gepfiffenen Sequenz aus einem Gitarrensolo von »Major Heuser« zu begrüßen. Eigentlich handelte es sich dabei um eine aus einem D-Dur-Akkord entnommene Tonkombination, die in den folgenden Jahren zu einer Art Erkennungszeichen für uns wurde. Eines Abends berichtete Richard mir von einem eigenartigen Traum, in dem er zunächst ausgewandert und nach Jahren in unsere Stammkneipe zurückgekehrt war.
»Ich hatte Haare bis auf die Schultern und einen langen Rauschebart«, beschrieb er präzise die Szene »und du hast mich nicht erkannt. Da hab' ich einfach ganz leise gepfiffen und augenblicklich wußtest du, wer da neben dir steht«.
Nahezu täglich trafen wir uns auch weiterhin zum abendlichen Besäufnis, hatten massenweise Spaß und verfolgten mit Begeisterung die steile Karriere der Mundartband aus Köln. Der Wirt indes hatte zu jener Zeit ziemliche Probleme mit Glasbruch, meist hervorgerufen durch den Überschwang jugendlicher Gäste, die sich allerdings durch die flehentlichen Ermahnungen des armen Kerls eher ermutigt sahen, weitere Gläser durch die Gegend zu werfen. Als eines Tages das Stück »Kristallnaach« von BAP ertönte, das längst zu einem Dauerbrenner in unserem Lokal avanciert war, trank Richard sein Bier aus, hielt das leere Glas vor sich und machte ein ganz eigenartiges Gesicht. Gespannt wartete ich ab, was er nun wieder vorhaben könne. Und just in dem Moment, als der Begriff »Kristallnaach« erstmals fiel, ließ mein Gegenüber sein Trinkgefäß einfach fallen.
Es schüttelte mich vor Lachen. Aber genau das war eben Richard. Stets ein bißchen verrückt und ausgestattet mit einem Humor, der trockener einfach nicht hätte sein können. Dem eilends herbeigeeilten Wirt warf er nur kaltschnäuzig entgegen, er solle zwei neue Bier zapfen. Später veranstalteten wir dieses kleine, aber zugegebenermaßen auch alberne Kristallnachtspielchen noch mehrfach geZeit für ein Gedicht?am und amüsierten uns jedesmal köstlich, wenn der Kneipier stirnrunzelnd in unsere Richtung blickte, und lediglich Unschuldsminen begegnete.
Einige Monate später kam es zu einem tiefen Zerwürfnis mit meinem Vater, infolge dessen ich kurz entschlossen das Haus verließ, um –reichlich orientierungslos- zunächst die Kneipe aufzusuchen. Richard war an jenem Abend nicht da, so daß mir nichts anderes übrig blieb, als mich von einer Frau mitnehmen zu lassen, die mir gar nicht sonderlich sympathisch war. Bereits am frühen Morgen verabschiedete ich mich von ihr und begab mich zu Richards Wohnung. Als der vernahm, daß ich sozusagen obdachlos war, bot er mir an, bei ihm zu wohnen.
»Aber nur vorübergehend«, gab er mir zu verstehen, an einer längerfristigen WohngeZeit für ein Gedicht?chaft in seiner kleinen Bude nicht interessiert zu sein. Über einen Zeitraum von fast drei Wochen lebten wir in der Folge zusammen, kochten, machten laufend dumme Witze und soffen mit kaum noch steigerbarer Intensität immer weiter. Welche Blüten ein derartiger Alkoholmißbrauch treiben kann, zeigte sich eines Tages, als Richard gerade begonnen hatte, Buletten zuzubereiten.
»Ach, du Scheiße«, hörte ich ihn auf einmal grölen, »wir haben ja gar keine Eier!«. Ich hatte auf dem Sofa gesessen, sprang auf und begab mich in die Kochecke, um ihn fragend anzusehen.
»Du brauchst gar nicht so blöd zu gucken. Eier braucht man halt für Frikadellen«. Er zündete sich eine Zigarette an.
»Die Geschäfte haben auch schon zu, verflixt«. Und mürrisch an mich gewandt: »Hey Alter, geh mal eben auf die Straße ein paar Eier schnorren«.
Im Nu hatte ich mich umgedreht, um die Wohnungstür zu öffnen. Richard fing an zu lachen. Aber es lag mir fern, den Gag hier schon abzubrechen und so schloß ich tatsächlich die Tür hinter mir. Am Hauseingang vernahm ich Richards Stimme durch die Sprechanlage: »Hey, mach keinen Scheiß, wir machen sie ohne Eier«.
Auf der Straße angelangt, überlegte ich kurz, doch einfach zurückzugehen. Doch in diesem Moment fiel mir ein, daß sich das Pfarramt nur wenige Meter entfernt befand. Schnurstracks marschierte ich dorthin, klingelte und fragte den verdutzten Pastor, ob er mir nicht ein paar Eier verkaufen könne. Der fromme Mann schenkte mir sogar zwei und wünschte höflich guten Appetit.
Als ich –Minuten später- Richard mit zunächst todernster Mine die Dinger entgegenreckte, brach der vor Lachen fast zusammen. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich imstande war, ihm zu erklären, woher ich die Eier so schnell organisiert hatte – immer wieder wieherten wir erneut drauflos.
Nur wenige Tage später, es war kurz vor dem Jahreswechsel, tauchte meine Frau vom Friedhof wieder auf. Diesmal gab es weniger Berührungsängste. Aber sie war auch mindestens genauso besoffen wie ich und deutete rasch an, einem neuerlichen Abenteuer nicht abgeneigt zu sein. Zwar erklärte ich ihr, vorübergehend bei Richard zu wohnen, aber es machte ihr wohl nichts aus, einen Dritten dabei zu haben. Richtig leid tat der mir, als er schließlich unserem Treiben auf der mitten im Wohnzimmer plazierten Matratze zuhören mußte. Glücklicherweise verzog sich das sexhungrige Frauenzimmer am nächsten Morgen schon recht früh.
»Auf dem Friedhof wäre es diesmal wohl ein bißchen kühl gewesen«, frotzelte Richard bald darauf am Frühstückstisch. Die Sache mit dem Friedhof schien es ihm richtig angetan zu haben. Aber irgendwie trug er auch eine Art permanenter Todessehnsucht in sich und faselte desöfteren vom »Schluß machen«. »Das beste wär, du gingst heim«, hieß es in seinem Lieblingslied. Und mitunter, wenn er diese Passage besonders eindringlich mitsang, konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, daß er den hier besungenen Heimgang mit dem Tod gleichsetzte.
Ein weiteres Mal begegnete ich der Frau vom Friedhof bereits nach zwei Tagen auf einer Party und erneut nahm ich ihr Angebot, die Nacht miteinander zu verbringen, an. Als sich jedoch diese in der Tat äußerst erlebnishungrige Person am folgenden Morgen noch immer penetrant zutraulich gab, fand ich dies doch ein bißchen übertrieben. Immerhin stellte sie in meinen Augen lediglich eine Art »billige Matratze« dar, mit der ich anderweitig kaum etwas anfangen konnte - schon gar nicht, wenn ich nüchtern war. Also beeilte ich mich, den Schauplatz unserer erneuten Vereinigung schleunigst zu verlassen.
Am späteren Abend hatte Richard mal wieder einen Moralischen. Zutiefst verdrossen hing er an der Theke herum und lamentierte unaufhörlich, es habe doch alles keinen Zweck mehr. Soetwas kam durchaus häufiger vor, wurde aber stets mit einem gehörigen Maß Alkohol »geheilt«.
»Ich geh jetzt zum Bahnhof«, meinte er mit einem Mal und verließ –nur mit einem T-Shirt bekleidet- das Lokal. Ich hingegen nahm seine Äußerung zunächst überhaupt nicht ernst, da jeder in dieser Kneipe schonmal ziemlichen Blödsinn von sich gab, wenn er genug getankt hatte. Außerdem hatte er ja seine Jacke hängen lassen und draußen war es bitter kalt.
Dennoch erfaßte mich plötzlich ein ungutes Gefühl. Ich streifte meine Jacke über und verließ ebenfalls den Laden, um ihn zu suchen. Tatsächlich holte ich Richard, der schon knapp die Hälfte des Weges zum Bahnhof zurückgelegt hatte, ein, packte ihn am Arm und forderte ihn auf, mit zurückzukommen. Erst sah er mich bloß völlig verstört an, aber als ich ihn darauf hinwies, seine Jacke vergessen zu haben, kehrte er –am ganzen Leib zitternd- mit zum Lokal zurück. Den Rest des Abends war ich bemüht, Richard davon zu überzeugen, daß er doch hier noch gebraucht werde. Und als ich in diesem Zusammenhang seine Kinder erwähnte, begann der eigentlich gestandene Mann, hemmungslos zu weinen. Nach einiger Zeit verließen wir –einmal mehr volltrunken- die Pinte, um zügig seine Wohnung aufzusuchen, wo wir uns umgehend schlafen legten.
Noch häufiger ließ Richard in der Folgezeit erkennen, daß sein Dasein ihm schlicht gleichgültig war. Aber immer wieder fing er sich, arbeitete relativ normal und erwog schließlich gar, sich selbständig zu machen. Ich selber hatte inzwischen eine Wohnung gefunden, in der ich mein freies Leben in vollen Zügen genoß. Weiterhin trafen wir uns regelmäßig in der Kneipe, deren Inhaber uns längst zu seinen Lieblingsgästen zählte. Kein Wunder, brachten wir doch turnusmäßig einen nicht unbeträchtlichen Teil unserer Einkünfte zu ihm.
Als der nächste Sommer längst Einzug gehalten hatte, beschlossen Richard und ich eines Nachts völlig spontan, zum Frühstücken nach Berlin zu fahren. Der Weg dorthin führte seinerzeit noch über das Gebiet der DDR, was den Trip angesichts unseres Alkoholpegels gar nicht so ungefährlich werden ließ. Und mitten auf der Transitstrecke stoppte Richard plötzlich seinen Wagen, um mich lapidar aufzufordern, das Steuer zu übernehmen, was ich auch tat. Er selbst nahm auf dem Beifahrersitz Platz, wo er augenblicklich einschlief. Später, wir hatten längst die Berliner Stadtgrenze passiert, beschrieb er, auf einmal lauter weiße Elefanten gesehen zu haben, die über die Straße gelaufen seien. In der Stadt suchten wir seinen dort lebenden Schwager auf, bei dem wir erstmal noch eine gute Runde pennten. Erst am späteren Nachmittag wurde eine kleine Stadtexkursion unternommen, irgendwo zu Abend gegessen und bald mußten wir auch schon wieder zurück. Noch tagelang wurden wir anschließend in der Kneipe mit dem Prädikat »ganz besonders ausgeflippt« bedacht, was wir allerdings durchaus als Auszeichnung empfanden.
Ansonsten ließen unsere wilden Aktivitäten allmählich nach. Während ich beruflich mehr und mehr auf die Beine kam, schaffte Richard tatsächlich der Sprung in die Selbständigkeit. Ausgerechnet ein Lokal übernahm er, doch es gelang schnell, den Laden ans Laufen zu bringen. Er hatte wirklich ausgezeichnete Speisen im Sortiment, veranstaltete hier und da kleine Konzerte und zählte bald komplette Vereine zu seiner Stammkundschaft. Und mehrmals begegneten wir uns in Supermärkten oder einfach auf der Straße, machten stets mit dem Pfeifton aufeinander aufmerksam und lachten immer wieder aufs neue über diese eigenartige, doch zugleich unverwechselbare Methode sich zu grüßen.
Noch einmal lief mir nach einigen Jahren auch meine Frau vom Friedhof über den Weg. Und –wie selbstverständlich– nahm ich sie nach einer ausgedehnten Zecherei mit in meine Wohnung, wo, eigentlich schon fast gewohnheitsmäßig, das Übliche ablief. Irgendwie, als seien wir schon lange miteinander liiert. Nach dem Aufwachen am nächsten Morgen dauerte es eine ganze Weile, bis sie mir wieder einfiel. Das Weibsstück mußte sich in aller Frühe aus dem Staub gemacht haben, jedenfalls war sie nirgendwo mehr zu entdecken. Interessierte mich auch nicht weiter, schließlich war sie schon immer bloß jemand für eine »schnelle Nummer« gewesen.
Es vergingen Jahre, in denen der Kontakt zwischen Richard und mir zusehends einschlief. Längst hatten Alkohol und Kneipen nicht mehr den früheren Stellenwert für mich und sogar Frauenbekanntschaften interessierten mich immer weniger. Irgendwann übernahm Richard ein neues Lokal, in dem ich eines Abends vorbeischaute. Ziemlich gestreßt erschien er mir, saß als einer der letzten Gäste vor dem Tresen und ließ seine Bedienung für sich arbeiten. Es werde gleich geschlossen, maulte er schon bald in meine Richtung.
»Am besten trinkst du schnell aus und zahlst dann gleich«. Immerhin. Sein Humor, hatte sich kein bißchen verändert.
»Schade«, entgegnete ich mit betont regungsloser Mine, »dann kann ich dir ja gar keinen mehr ausgeben«. Er lachte kurz.
»Ich hab keine Lust mehr. In ein paar Stunden geht es hier schon wieder los«.
Wir tranken zwei Glas Bier miteinander, redeten ziemlich belangloses Zeug und lauschten der Musik. BAP. Er war tatsächlich immer noch der ultimative Fan dieser Kapelle, die ihre besten Zeiten längst hinter sich hatte.
»Ach, hast du eigentlich von meiner Frau vom Friedhof nochmal was gehört?«. Richard reagierte nicht. Keine Ahnung, warum. Erst später sollte mir klarwerden, daß es möglicherweise das Wort »Friedhof« gewesen war, das ihn in jenem Moment nachdenklich stimmte. Ich hakte auch nicht weiter nach, zumal ich selbst die Tante schon seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Bald darauf zahlte ich und wünschte eine gute Nacht, ohne noch eine Antwort zu erhalten.
Als ich einige Wochen später während eines Stadtfestes durch die mit Leuten übersäten Straßen ging, vernahm ich aus der Menschenmenge einen mir wohlvertrauten Pfiff. Ich begann zu grinsen, pfiff augenblicklich zurück und wandte meinen Kopf erst anschließend in die Richtung, aus der das Tonsignal gekommen war. Natürlich stand da Richard, umringt von Festbesuchern, übers ganze Gesicht grinsend und sich augenscheinlich –genauso wie ich- an der anhaltenden Funktionalität dieses wirklich ausgezeichneten Erkennungszeichens begeisternd.
Knapp drei Wochen nach dem Volksfest erreichte mich der Anruf eines Bekannten. Richard habe sich das Leben genommen, erfuhr ich - er sei vor einen Zug gesprungen. Zwar war ich schon ziemlich betroffen, behielt aber die Fassung. In meinem Bekanntenkreis hatten sich bereits derart viele Leute umgebracht, daß so etwas mich einfach nicht mehr richtig schocken konnte. Dennoch dachte ich in den folgenden Tagen recht häufig an die Sache.
»Immerhin hat er es an einem Sommertag gemacht«, fiel mir unter anderem wieder ein, daß er ja schon einmal zum Bahnhof unterwegs gewesen war. Und auch die Kinder seien längst erwachsen, versuchte ich gegen eine schleichend aufkeimende Beklommenheit anzugehen.
Am Tag der Beerdigung war ich innerlich entzweit. Sollte ich dorthin gehen? Aber meine Abneigung gegen Bestattungen war derart ausgeprägt, daß ich es einfach bleiben ließ und stattdessen ordnungsgemäß auf meiner Arbeitsstelle erschien.
Gegen Abend fielen mir einige alte Fotos in die Hände, auf denen auch Richard zu sehen war. Als wolle ich einer Reise in die Vergangenheit den Weg ebnen, öffnete ich eine Flasche Wein und legte eine alte Platte von BAP auf. Und wie ein Film liefen bald haufenweise Szenen in meinem Kopf ab, die eigentlich längst vergessen waren, mich nun aber nachhaltig bedrückten. Sogar einige Tränen flossen auf einmal und während die Flasche rasch leerer wurde, faßte ich einen außergewöhnlichen Entschluß. Ich würde Richard an diesem Abend noch einen Besuch abstatten. Zu sehr plagte mich auf einmal das schlechte Gewissen, nicht zur Beisetzung erschienen zu sein.
Es war halb ein Uhr nachts, als ich aufbrach. Der Weg durch die Stadt führte mich an einem Café vorbei, vor dem ausgerechnet der Pastor saß und Bier trank.
»Ich gehe jetzt Richard besuchen«, erklärte ich ihm, was ich vorhatte. Der Kirchenmann schien zunächst entgeistert, doch nachdem ich ihm einige Worte zur Begründung gesagt hatte, stieß mein Vorhaben auf seine Zustimmung. Der Mann erklärte mir sogar, wo auf dem großen Friedhof Richards Grab zu finden sei und ich machte mich auf den Weg.
Kurz nach dem Betreten des Geländes stellte ich fest, daß der Tip des Geistlichen äußerst wertvoll gewesen war. Nur schemenhaft waren die Wege zu erkennen und um die Inschriften auf Grabsteinen lesen zu können hätte ich wohl eine Taschenlampe gebraucht. Mit mir selber vorgetäuschter Zielstrebigkeit begab ich mich bedächtigen Schrittes bergauf, vorbei an Grablichtern, Büschen und zahllosen Verblichenen, die es hier wirklich ruhig hatten.
Als ich plötzlich schattenhaft die Umrisse der ersten Häuser des Nachbarortes wahrnahm, blieb ich einen Augenblick wie angewurzelt stehen. Genau hier war es gewesen. An dieser Stelle hatte ich damals mein grotesk-erotisches Erlebnis mit der Frau gehabt, über das wir anschließend so herzhaft gelacht hatten. Und als ich meinen Blick suchend umherschweifen ließ, erkannte ich undeutlich eine offenbar frisch angelegte Grabreihe, an deren Ende sich ein kleiner Hügel befand und vor dem drei kleine Grablichter standen.
Es war tatsächlich Richard. Gerade mal wenige Meter von dem irgendwie legendären Platz entfernt, an dem sich die Geschichte mit der »Frau vom Friedhof« abgespielt hatte, lag nun Richard – vor nicht mal zehn Stunden hier zur letzten Ruhe gebettet. Kopfschüttelnd setzte ich mich auf eine Art Palette, die unmittelbar neben dem mit Kränzen überhäuften Grab lag und zündete mir eine Zigarette an.
»Na, Alter«, meinte ich leise, »was machst du denn schon hier?«
Es verging etwa eine halbe Stunde, in der ich drei weitere Zigaretten rauchte und schweigend die Vergangenheit in meinem Kopf Revue passieren ließ. Ganz leise, für mich selbst kaum vernehmbar, hörte ich mich irgendwann pfeifen. Und ich tat es zweimal, ohne zu wissen, warum eigentlich. Mag sein, daß ich Richards Antwortpfiff einfach mit übernahm, denn dieser Erkennungston war niemals nur einmal ertönt.
Nachdenklich erhob ich mich schließlich, um langsamen, ja zögernden Schrittes den Rückweg anzutreten. Nach ungefähr fünfzehn Metern blieb ich stehen. Wieder an dem erinnerungsträchtigen Ort meiner Jugendsünde.
»Tschüs Richard«. Ganz leise richtete ich meinen Abschiedsgruß an ihn, den Blick lächelnd ein letztes Mal auf die Grabstelle gerichtet. Und felsenfest war ich in jenem Augenblick davon überzeugt, daß es ihm gefallen hatte, wenige Stunden nach seiner Beerdigung nächtlichen Besuch durch mich zu erhalten. Ausgerechnet an der Stelle, die ich ihm fast zwanzig Jahre zuvor schon mal beschrieben hatte.
Meine Friedhofsliebschaft habe ich übrigens nie wiedergesehen. Sie sei an einer Psychose erkrankt und mehrfach umgezogen, erzählte mir vor Jahren ein geZeit für ein Gedicht?amer Bekannter. Außerdem habe sie sich bei einem Thailandurlaub eine Geschlechtskrankheit eingefangen. Keine Ahnung, ob sich ihre Beischlafwütigkeit inzwischen gelegt hat, ob ich ihr wohl jemals wieder begegne und sie überhaupt noch erkennen würde. Aber, falls wir uns tatsächlich nochmal über den Weg laufen sollten, werde ich ihr bestimmt den Vorschlag machen, mit mir zusammen Richard zu besuchen.
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