Die Verkäuferin in der Drogerie zwinkert mir verschwörerisch zu.
"Sie werden doch sicher an dieser neuen, bahnbrechenden Creme
interessiert sein. Wie ich Sie einschätze!" Noch einmal dieses
unschlagbare Lächeln. "Es genügt dann auch völlig, dieses eine
Produkt für den Körper zu benutzen. Die Japaner sind da ja
marktführend, wissen Sie. Sie werden sehen, Ihre Haut wird
schon in wenigen Tagen straffer, jünger und glatter sein.Doch, ich
bin sicher, Sie kann ich davon überzeugen. Ich zeige es Ihnen
mal." Schwups hat sie eine Körpercreme in der Hand, 250 ml
befinden sich in der Dose, dürfte - bei viel Sparsamkeit - ca. zwei
Wochen reichen. "Also, nochmal, so etwas hat es auf dem Markt
bisher noch nicht gegeben! Unsere Kunden sind begeistert! Und
eine gepflegte Person wie Sie!"
"Nun ja", sage ich, "es kommt darauf an". Irgendwie ist die Dame
mir nämlich zu freundlich und verbindlich, das macht
mißtrauisch. "Es gibt da Preisgrenzen."
"Aber, aber," noch einmal dieses vertrauliche Grinsen, "Sie
wissen doch sicher, was Sie sich wert sind."
"Oh ja, das weiß ich," sage ich und denke
"Fünfhundertundvierzig Mark. Aber sie ist jeden Pfennig wert."
Das verschlägt nun selbst mir die Sprache. Ich hätte mit
Einhundertundzwanzig gerechnet, vielleicht auch noch mit
Einhundertundsechzig, nach dieser Einleitung. Aber
Fünfhundertundvierzig? Meine Lippen sind für mindestens 30
Sekunden versiegelt. Und das ist verdammt lange für meine
Verhältnisse. Kurzer Überschlag im Kopf, bei mir funktioniert das
auch noch ohne Taschenrechner:540 : ca. 14 Tage. Das ist ja fast
geschenkt! Einmal Eincremen pro Tag weniger als vierzig
Deutsche Mark, oder ca. 80 Euro, oder 22 Dollar. Da kann man
doch eigentlich nicht meckern. Für die Schönheit? Wenn doch
alles verschwindet? Cellulitis, Falten, Fett, blaue Flecken. Blaue
Flecken auch? Nein, wahrscheinlich eher nein.Blähungen, PMS?
Auch nicht, aber Schwangerschafts-streifen, die doch sicher? Ich
war nur nie schwanger, schade eigentlich. Wenn es doch um diese
Creme geht.
Es gibt kein Entkommen. Ich muß mich als eine von denen
entlarven, denen ihre Körperpflege einfach nichts wert ist. Die
verkommen, sich nicht um ihr Äußeres kümmern.
Selbstverschuldet im Elend der kleineren und größeren
Schönheitsfehler verharren. "Tut mir leid," ich sage es ganz leise
und schüchtern, "das ist dann doch ein wenig zu viel. Da bleibe
ich doch lieber bei meiner Feuchtigkeitscreme."
Enttäuschung bei der wahrscheinlich auf Provision angewiesenen
Verkäuferin. "Sie sollten es sich wirklich nochmal überlegen. Es
gibt tatsächlich weltweit nichts Besseres. Ich gebe Ihnen mal ein
Pröbchen mit. Das wird Sie überzeugen."
, denke ich, stecke aber
selbstverständlich die Probe ein, während ich zur Kasse gehe, um
immerhin und immer noch wenigstens Fünfunddreißig Mark für
eine andere `wunderbare` Creme auszugeben, deren Erfolg
wahrscheinlich genauso groß oder klein ist.
Als ich die Drogerie und die enttäuschte Verkäuferin verlassen
habe und wieder auf der Straße stehe, atme ich erst einmal auf.
Geschafft! Wieder einmal der Verführung widerstanden! Immerhin
Fünfhundertundfünf Mark gespart, die ich ohnehin nicht gehabt
hätte. Ich werde gleich einmal zur Bank gehen, um etwas
Vernünftigeres zu tun, nämlich einen Überweisungsschein für
Mittelamerika ausfüllen, um denen, die ohnehin nichts haben
und den Rest auch noch im Hurrican verlieren mußten,
wenigstens einen Teil von dem zukommen zu lassen, was andere
offensichtlich für das Versprechen makelloser Schönheit zu geben
bereit sind. Es sind keine Fünfhundert, die ich überweise.
Zugegeben! Nur ein Fünftel davon. Mehr gibt mein Bankkonto
derzeit nicht her.
Ich weiß, ich weiß, auch das beruhigt nur das schlechte
Gewissen. Aber immerhin, als ich nach Hause komme und in den
Spiegel schaue, fühle ich mich ganz ansehnlich, besser als nach
einer Schönheitsmaske.
Ach übrigens: Die Probe reichte von der Menge gerade aus, um
einmal meine beiden Oberarme einzureiben. Das hat mich nun
wirklich nicht überzeugt!
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