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Thomas Probst

FRIGHTENED?

Du läßt die Hügel hinter dir und kannst schon dein Haus sehen. Du beginnst, etwas schneller zu gehen, möchtest nur noch heim. Doch plötzlich durchzuckt es dich und du bleibst stehen. Dein Haus liegt friedlich dort unten, und du weißt, daß etwas nicht stimmt. Der Mondschein spiegelt sich sanft in den Fenstern deiner Hütte und die Dunkelheit die dich umgibt hat etwas einhüllendes und wird durch die großen Tannen des Waldes, den du durchquerst noch schwerer. Auch die Hütte ist dunkel, doch das ist es nicht. Du bist durch den Wald gelaufen, versuchst nun den Grund deiner Unruhe aufzuspüren.

Du weißt, du hättest nicht so lange fortbleiben sollen, deine Frau muß sich Sorgen gemacht haben, vielleicht sogar vor der Nacht Angst haben. Du hast sie nachts noch nie alleine gelassen. Doch die Versuchung war zu groß gewesen. Der Drang, etwas neues zu sehen, hat dich übermannt und du bist ziellos durch den Wald gelaufen, bis du etwas entdeckt hast. Etwas, von dem du nicht mehr loskamst. Es war etwas geheimnisvolles und der Fremde erwies sich nach anfänglicher Wortkargheit dann doch als freundlich. Und sein Wein war so gut und das Feuer so wärmend, daß du dich jetzt an kaum etwas erinnern kannst. Es war aufregend gewesen, neu und fast unbegreiflich.
Er hatte dir alle Details erklärt, fieberhaft und du konntest nicht anders, als still zu lauschen. Es war ein Bann gewesen und nun fällt alles von dir ab und hinterläßt nur das Gefühl der Leere, der Zeitlosigkeit.

Zuerst war dir der Fremde noch suspekt gewesen, du warst vorsichtig und auf der Hut, doch nun kommt er dir vertraut vor und das Gefühl den Abend in angenehmer Gesellschaft verbracht zu haben, stellt sich ein. Du hättest deine Frau aber nicht so lange alleine lassen dürfen. Nicht nachts in diesem Wald, selbst bei verriegelter Tür. Die Hütte des Wildhüters ist weit weg. Du hättest ihn bitten sollen mal nach ihr zu sehen, während du das Abenteuer suchtest. Du kommst dir treulos vor. Vielleicht ist das der Grund deiner Beunruhigung. Wenn du früher heimgekommen wärst, hätte vielleicht das warme Licht, das von der Stube ausgegangen wäre all deine Ängste zerstreut.
Nun erinnert dich die Hütte aber an deine Jugend. Die langen Nächte im Winter, in denen du in deinem Bettchen lagst und wach warst.

Angst hattest, vor der allumfassenden Dunkelheit, vor dem Wind der sich gegen das Fenster lehnte und vor den Bäumen, die sich im Wind gegen das Haus drückten, immer näher zu kommen schienen, bis der ganze Wald dir bedrohlich nahe gerückt war und du dich unter deiner Decke verborgen und gebetet hast, die Sonne möge bald wieder aufgehen. Und wenn du dann das Heulen des Wolfes und das brechende Eis in den Bergen vernahmst, kamst du dir klein vor und wußtest, daß jenes Geheimnis, von dem in der Zeit jedermann sprach nur darauf wartete, gelüftet zu werden. Und du wußtest schon damals, daß es deine Aufgabe sein würde. Daß es so schrecklich lange dauern würde, hast du natürlich nicht gewußt. Nur, daß auch der Raum, in dem du in jenen Nächten betend wach lagst, zu diesem großen Geheimnis zählte und, daß die kalten Nächte unbeschreiblichen Schrecken mit sich brachten und der Winter die Hütte an den Rand ihrer Existenz brachte.

So kommt sie dir auch jetzt vor. Sie wirkt kalt, leer und wenig einladend. Und etwas erzeugt ein mulmiges Gefühl in deiner Magengrube. Einen Moment fragst du dich, ob du nicht einfach nur die Vorwürfe deiner Frau vorwegnimmst, aber du bist dir sicher, daß es nicht bloß das ist.

Auf jeden Fall wirst du klopfen müssen und sie aufwecken. Du mußt dich beruhigen. Vielleicht war der Wildhüter doch da gewesen, vielleicht hatte sie ihn abends auf einem Streifzug angetroffen und ihn gebeten zu bleiben, ihr ein bißchen Gesellschaft zu leisten und vielleicht war alles in Ordnung und sie war mit dem Gedanken an dich friedlich eingeschlafen. Vielleicht hatte sie aber auch das große Geheimnis geholt, während du auf dem Weg warst um es zu lüften.
Und nun hast du wirklich Angst.

Du beeilst dich, um zur Hütte zu kommen und der Schatten, den die Berge auf sie werfen, wirken immer größer und bedrohlicher und du spürst den Wind der um die Hütte streicht, der dir kalt und todbringend vorkommt.
Und die Geräusche, die dir zuvor wie die normalen nächtlichen Spuren des Lebens im Wald vorkamen werden zu fürchterlichen gequälten Schreien.
Du bist alleine, auf dich gestellt. Das macht dir am meisten zu schaffen.
Du bist gelaufen und es kam dir schrecklich weit vor.
Dann bist du da.
Bei deiner Hütte.

Und die Schreie sind verflogen. Es ist als wäre alles nur ein widerlicher Alptraum gewesen, als wäre dein Verstand innerhalb von wenigen Minuten explodiert und hätte nichts als eine schleimige graue Masse hinterlassen. Es ist wieder still und alles kommt dir normal vor. Du kannst wieder stolz sein, daß Geheimnis gelüftet zu haben und wenn du es deiner Frau morgen erzählst, wird sie auch furchtbar stolz auf dich sein und der Schrecken dieser Nacht wird nichts anderes mehr sein, als ein flüchtiger Gedanke, der dein Gehirn zum rasen gebracht hatte. Ja, morgen ist alles wieder in Ordnung.

Da fällt dir wieder ein, daß du klopfen und sie wecken mußt. Zuerst gehst du zum Fenster und schaust hinein. Sie liegt im Bett und in ihrem Gesicht steht der Mond als fragende Kugel. Sie schläft, ihr Haar steht wild nach allen Seiten ab. Vielleicht hat sie es gewaschen und ist dann mit nassen Haaren zu Bett gegangen, doch vielleicht ist sie auch schon tot und das Haar ist nur Zeuge des nächtlichen Kampfes mit dem Geheimnis. Plötzlich willst du fortlaufen, deine Frau nehmen und fortlaufen, doch dir fällt ein, daß du dafür erst ins Haus mußt, um sie zu holen und du ängstigst dich vor dem Haus, davor, was du drinnen entdecken könntest. Dein Verstand rotiert, doch es gibt keinen Ausweg. Du mußt dich zusammenreißen um nicht zu schreien, um sie nicht zu wecken. Hat sie sich bewegt? Fühlt sie deine Anwesenheit, deine Angst? Du siehst in ihr Gesicht, es ist so unschuldig und hoffend, während sie schläft. Sie wirkt blaß, die letzten Tage haben auch bei ihr Spuren hinterlassen. Hat sie geweint? Siehst du Tränen in ihren Augen langsam vertrocknen? Nein, du täuscht dich nicht, sie hat geweint, vielleicht aus Sorge. Aus Sorge um dich. Du findest es rührend und denkst, wie verliebt du doch in sie bist. Nach all den Jahren. Sie liegt da drinnen und schläft, während du im Wald warst, um etwas zu klären. Während du mit einem Fremden, mit einem Freund Wein getrunken hast um alles zu erfahren, um das Leben zu verbessern. Und plötzlich ist es wieder da. Es ist ein Schlag aus der Dunkelheit hinter dir. Deine Angst.
Vielleicht ist es das Haus. Das Haus in dem deine Frau schläft. Ja, das Haus. Und sie ist drinnen. Du willst weg. Mit ihr.

Du kannst nur ihr Gesicht sehen und es verrät dir überhaupt nichts, der Rest ihres Körpers liegt in Schatten, in furchteinflößenden, langen Schatten. Die Stille ist trügerisch und bringt ungeheure Spannung mit sich.
Dir ist, als wäre sie in schrecklicher Gefahr und du bist ihr Retter.

Die Zeit ist ein hinderlicher Faktor, du kannst dich nicht aufraffen um etwas zu unternehmen, bist vor Angst gelähmt und das furchtbarste ist, du weißt nicht, wovor du dich ängstigst. Du mußt handeln und es ist, als wolle dein Gehirn nicht mehr arbeiten, als versage es dir jegliche Unterstützung. Du bist verzweifelt und die Stille, die dich umgibt raubt dir den Verstand. Deine lähmende Handlungsunfähigkeit macht dich rasend. Du Nichtsnutz! Tu etwas.

Retter. Sie wartet auf dich, um vor dem namenlosen Schrecken, der das Haus eingehüllt hat, errettet zu werden. Du bist ihr Schutzengel. Und dabei liegt sie doch so friedlich in ihrem Bettchen, vielleicht ahnt sie nichts, kann es nicht fühlen. Während du hineinblickst, spürst du wachsendes Unwohlsein in Hals und Magen. Plötzlich klatscht etwas an die Scheibe und in einem Moment bist du sicher, daß es geworfen wurde. Es fließt das Fenster herunter, hinterläßt eine blutdurchtränkte Spur und dein Gehirn produziert das Bild eines Herzens vor dein Auge. Das Bild eines herausgerissenen Herzens und im nächsten Moment ist es verschwunden und du kannst wieder atmen.

Du fühlst dich nicht in der Lage, dem Horror entgegenzutreten. Und dir fällt ein, wie deine Vorstellung irgendwie in Entsetzen umschlug, als du ein weißes Gesicht hineinspähen sahst.
Dein Gesicht, das sich unwirklich an die Fensterscheibe drückte. Und auch davor hast du plötzlich Angst. Vor deinem Gesicht. Du ziehst dich schnell zurück um deine Frau nicht zu erschrecken.
Kalter Schweiß steht auf deiner Stirn und dein Herz rast in diener Brust. Du weißt, daß du nie wieder zur Ruhe kommen wirst. Du willst das Haus niederbrennen. Der Gedanke scheint gut, doch in letzter Sekunde fällt dir ein, daß deine Frau drinnen schläft und du nicht den Mut haben wirst, hinein zugehen, um sie da raus zu holen. Hilflosigkeit ist das erste Gefühl, das deinen kalten Körper durchflutet und du wartest darauf, daß dein Gehirn einen Plan auswirft. Du sitzt auf einem Baumstamm den der Wind etwas abseits des Hauses gelegt hatte und versuchst fieberhaft nachzudenken. Das Geheimnis. Du weißt alles darüber, doch der Schleier, den die Angst über deinen Verstand gelegt hat ist zu dicht um dein Wissen gegen das Geheimnis zu verwenden. Dann faßt du Mut, stürmst zurück zum Haus. Nichts auf Gottes Erdboden kann so furchterregend sein, daß du nicht deine Frau davor retten könntest. Du hältst inne, denn du weißt es.
Weißt, daß es doch etwas in der Art gibt.
Weißt, daß es hier ist. Und du ahnst den Kampf voraus, einen Kampf, in den du deine Frau nicht hineinziehen willst. Du darfst sie nicht wecken. Du mußt jedoch klopfen. Du begreifst nicht, wie du dich so verspäten konntest. Du gehst rasch zur Tür, und deine Faust hält wie vom Blitz getroffen mitten in der Luft inne. Die unbestimmte Bedrohung, die Unruhe, die du gespürt hast, scheint plötzlich zusammenzubrechen. Und sich neu zu formieren, wiedererstarkt aufzubauen. Sich zu konzentrieren und mit Mächten zu vereinigen. Alles scheint sich hinter dieser Tür zu sammeln. Du weißt, daß hinter der Tür etwas wartet, das dich anspringen will. Du schellst dich selbst für deine Hilflosigkeit.

Hilflos, als hätte dir das Entsetzen den Magen durchbohrt. Du bist beinahe bereit, in den Wald zu fliehen, um dich vom Speer deiner panischen Angst zu befreien. Der Schweiß brennt, als habe man dir heiße Asche auf die Haut gestreut. Du kannst aber deine Frau da drinnen nicht alleine lassen, welcher Alptraum es auch sein mag, der aus den Geschichten aufgestiegen ist, die man dir vom Wald erzählt hat. Du zwingst dich, wenn schon nicht ruhig, dann wenigstens still zu sein um auf ein Zeichen zu lauschen, worum es sich handeln mag. Du malst dir aus, wie deine Frau erwacht und das flüsternde Entsetzen erkennt und in panische Furcht verfällt, einfach nur die Schreie aus ihrer Kehle entweichen läßt. Das alles mußt du verhindern. Sie würde es nicht ertragen, du kannst ihr so etwas nicht zumuten. Du mußt das alleine durchziehen.
Du kannst nichts als den langsamen, schläfrigen Atem des Windes in den Bäumen hören. Deine stupide Angst nimmt zu, weil du es durch die Tür spürst. Spürst, wie es ruhig daliegt und einfach wartet. Auf dich wartet. Wartet, bis du den entscheidenden Fehler begehst.
Und du kannst dich zu nichts Greifbarem entschließen. Du eilst zum Fenster zurück, aber es ist dir unmöglich, dich so eng an die Scheibe zu pressen, um zu erkennen, was sich hinter der Tür verbirgt. Es ist sinnlos, du wirst unwissend in das Haus kommen und daraus könnte dir ein großer Nachteil erwachsen. Du suchst verzweifelt nach einer Geistesstrategie, doch dein Gehirn hat den Dienst quittiert, arbeitet nicht mehr. Diesmal dringt ein Gestank aus dem Zimmer zu dir und steigt dir in die Nase. Er ist so heftig und unangenehm, daß du dir gar nicht erst überlegen willst, woran er dich erinnert. Deine Augen tränen und du fühlst, daß du dich übergeben wirst.

Du weichst zurück, taumelst, entleibst dich an einer Tanne, doch es stellt sich keine Erleichterung ein. Im Gegenteil, du wirst nur aufgewühlter und benebelter, fühlst, wie deine Kräfte erschlaffen und die Furcht dich innerlich zerfleischt. Du schleichst zum Haus zurück, fürchtest jetzt, deine Frau aufzuwecken, da es nur ihre Unbeweglichkeit sein kann, die sie vor dem schützt, was auch immer in diesem Zimmer sein mag. Du bringst es jedoch nicht über dich, zur Tür zurück zukehren. Du hast es deiner panischen Angst erlaubt, sich von dort her auszubreiten, sich zu materialisieren und nach dir zu greifen. Sie hält dich von der Hütte fern und du verzweifelst. Du hast nichts als deine Frau im Sinn, die dort liegt und sich der Gefahr nicht bewußt ist. Du bist wütend auf dich selbst und zwingst deinen Körper gegen den Sturm deiner Furcht anzugehen.

Du erreichst die Tür und mühst dich, sie zu berühren. Du sagst dir, wenn du es nicht fertigbringst, bist du ein Nichtsnutz, ein Feigling, vielleicht ein Mörder, zumindest Mittäter, weil du nicht verhindert hast, daß es zu deiner Frau steigt. Du hast Angst vor dem Licht, vor dem, was dir die Augen öffnen könnte. Du suchst, doch deine Phantasie reicht nicht aus um dir das Grauen vorzustellen, das deinen Verstand zuerst erhellen und dann auslöschen wird. Doch du wirst es sehen und in einem lauten Anflug von Irrsinn freust du dich darauf.
Deine Hand drückt gegen die Tür, als wolle sie prüfen ob es sich um glühende Kohlen handelt. In deinen Gedanken schwingt die Tür nach innen und etwas tritt hervor. Licht blendet dich und du kannst es sehen, schreist, versuchst abwehrende Gesten gegen die Luft zu machen, denn mehr ist es nicht. Luft. Tödliche Luft. Etwas sticht dir die Augen aus und die Finsternis wird unbarmherzig.
Du bist wider da. Die Tür ist noch geschlossen und du fürchtest dich vor weiteren Halluzinationen, weichst einen Schritt zurück und wischt den Schweiß von deiner Stirn. Du drückst die Klinke nur um zu prüfen, ob die Tür verriegelt ist und diesmal schwingt sie wirklich auf.

Du hättest dir ja denken können, daß dein Widersacher auf diese Weise in die Hütte gelangt ist, doch während der plötzliche Schrecken nachläßt, stößt die Furcht wieder nach vorne. Warme, stickige Luft entweicht seufzend der Hütte und vom Bett her nähert sich die Furcht wie ein Fleck. Eine große, kalte unmenschliche Kraft bewegt sich.

Etwas befindet sich direkt über dem Eingang und du stellst dir vor, daß es eine riesige schwarze Spinne ist, die auf dich wartet. Die dir ins Gesicht springen will. Du versuchst, diese Angst mit dem Wissen abzuschütteln, daß es wahrscheinlich nichts dergleichen ist, daß du dich von deiner Phantasie fortreißen läßt. Du bist schwach und benommen, stolperst zurück, bist wieder im Freien.

Hinter deinem verschwimmenden Bewußtsein spürst du ein Verlangen nach Kampf. Du erblickst die Heugabel, die du ausgemustert hast, entsorgen wolltest. Du trägst sie zur Tür und denkst nach. Sie könnte eine bessere Waffe sein, auch wenn du nicht weißt, wogegen du kämpfst. Wenn deine Frau nicht aufwacht und wenn das Etwas nicht begreift, was du vorhast. Wenn deine felsenfeste Überzeugung, daß es wieder hinter der Tür stehen wird, nicht falsch ist. Du wirfst die Heugabel fast fort, aber das Gefühl der Gefahr, in der sich deine Frau befindet, ist allumfassend und du weißt, daß du nur eine Chance hast. Du kannst es nicht länger ertragen.
Dein Herz will aufhören zu schlagen, dein Gehirn will explodieren, so enorm ist deine Furcht, vor dem auferstandenen Entsetzen. Ein Gedanke breitet sich in deinem verlassenen Kopf aus.

Es ist eine Gestalt, eine Gestalt, die das eigentliche Geheimnis, welches du gelüftet hast, darstellt. Sie wächst in deinem Gehirn an, bis sie eine langsame Explosion reiner Feindseligkeit ist, die sich abnorm aufgebläht und dich auslöscht. Du wendest dich geblendet ab und weißt, daß es langsam Zeit wird, du nicht viel länger warten darfst.

Dein Gesicht flammt in Schmerzen auf und deine Augen glühen. Dein Herz hämmert immer noch. Du kannst es riechen, es spüren. Und du wirst es sehen, hoffentlich töten und deine Frau retten. Und zwar bald, du weißt, wieviel Zeit du schon mit dem Zaudern und sinnlosen Nachdenken vergeudet hast. In einer Sekunde faßt du deinen letzten Funken Mut und stürmst los. Blind. Und die Tür schwingt ein letztes Mal von selbst auf und gebietet dir Einlaß. Du stürzt brüllend in die Hütte, bohrst die Heugabel ins Leere. Dein Kopf ist ein Gefäß voll Feuer, deine Augen fühlen sich an, als wollen sie bersten, doch du kämpfst dich voran, kannst es noch spüren. Es scheint die zu verlachen und du wirst wütend. Die Finsternis hilft dir nicht, doch du glaubst, daß du es gar nicht sehen willst.

Da bohrt sich die Heugabel fest und das Geräusch ist schwammig und der Schrei der jemandes Kehle entrinnt ist markerschütternd. Du hast es an der Angel, es stirbt, das Geheimnis, der materialisierte Alptraum des Waldes ist dabei, von dir vernichtet zu werden. Und während du mit der Macht kämpfst, die nun böse zischt, überlegst du dir, daß deine Frau längst wach sein muß, daß du sie nun doch geweckt hast. Du schleuderst das Ding ins Freie, wo es seufzend liegenbleibt. Du vernimmst ein letztes Lachen und in einem wirren Aberglauben glaubst du, daß es aus der Hütte kommt. Doch der Lebensgeist verläßt das Ding, daß du aus der Hütte gezerrt und durchbohrt hast. Bleich liegt es vor der Tür und bleibt tot. Der Mond steigt gerade über das Haus und erlaubt dir den ersten Blick auf das Wesen. Du bist stolz, daß du es erlegt hast. Im Gesicht deiner Frau spiegeln sich Tränen. Hat sie geweint? Du wischt die Spuren des Kampfes aus ihrem Gesicht und der Duft der von ihr ausgeht, verheißt knospende Rosen. Du ziehst die Heugabel aus ihrem Bauch und kehrst in die Hütte zurück. Der Schrecken ist verflogen.
Warum bist du zufrieden?

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Mit freundlicher Genehmigung von Thomas Probst entnommen aus dem Buch "Die vier Gesichter der Angst".
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