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A long way down
Nick Hornby

Im Laufe der letzten Monate befanden viele Rezensenten das vorliegende Buch als zu platt, und langweilig. Hier wäre nicht jenes literarische Potenzial bemerkbar, das Nick Hornby ansonsten auszeichnet. Es geschehe zu wenig, und irgendwie sei es logisch, aus diesem Stoff einen Film zu machen. Tatsächlich wird dies ja schon bald geschehen.

Es ist zweifellos schwierig, das Tabuthema Selbstmord in einer Weise umzusetzen, sodass es nicht im Abgrund endet. Die vier Protagonisten beschließen zufälligerweise am selben Tag (Jahresende) ihr Leben durch einen Sprung aus riesiger Höhe zu beenden. Doch der Eine kommt der Anderen in die Quere, und so kommen die Vier miteinander ins Gespräch. Sie beschließen, ihr Dasein vor den Anderen zu erklären zu suchen, und nach nur wenigen Stunden landen sie in einem zwielichtigen Schuppen, und wollen eine Beziehung kitten, die eigentlich nie existiert hat.

Maureen will sich umbringen, weil sie ihr Leben mit einem behinderten Sohn nicht mehr länger ertragen mag. JJ ist seiner Band verlustigt gegangen, und möchte nicht abseits der Musik ein banales Leben gestalten. Martin, der Talkmaster, stolperte über eine Affäre mit einem viel zu jungen Mädchen. Und Jess weiß schon in jungen Jahren, dass es keine große Liebe geben kann. Diese vier äußerst unterschiedlichen Charaktere schreiben bzw. erzählen selbstreflexiv über die Geschehnisse innerhalb und außerhalb der seltsamen Clique. Sie fühlen sich einander durch ihre Absicht, sich das Leben nehmen zu wollen, verbunden. Doch mit der Zeit wird klar, dass die vorgegebenen Gründe für die Selbstmorde nicht haltbar sind. Wobei sich daran die Frage anknüpft, ob es überhaupt einen Grund geben kann, Selbstmord zu verüben?

Jeden Tag bringen sich etwa in Österreich laut einer vor kurzem veröffentlichten Studie bis zu vier Menschen um. Ergibt pro Jahr zumindest 1.400 Selbstmörder. Das sind mehr Menschen, als im Straßenverkehr zu Tode kommen. Allerdings steht davon nur sehr selten in den Zeitungen zu lesen. Es ist wohl nicht "spektakulär" genug, wenn sich ein Mensch das Leben nimmt. Hie und da lesen wir in den Medien von Schülern, die aus dem Fenster eines Klassenzimmers springen. Wenn sich öffentlich bekannte Menschen bzw. sogenannte "Promis" selbst zu Tode bringen, ist dies einen Bericht in den Medien "wert".

Der "lange Weg hinunter", wie der Titel des zu besprechenden Buches lautet, ist Symbol für einen Roman, der vier Einzelschicksale miteinander verknüpft, und interagieren lässt. So "einfach" bringt sich niemand um. Keine der Protagonisten wollte sich eigentlich umbringen, wie schnell klar wird. Tatsächlich ist ein Selbstmordversuch ja zumeist ein Hilfeschrei. Und zufälligerweise vermögen es Maureen, Martin, Jess und JJ sich selbst zu helfen. Das Leben ist kein Luftballon, der einfach so zerplatzen kann.

Freilich werden keine philosophischen Gespräche über das "Problem" geführt. Die Dinge klären sich mit der Zeit auf, und führen letztlich zu unmöglichen Ergebnissen. Das Problem des Buches ist, das es nach dem ersten Teil schon als abgeschlossen gesehen werden könnte. Die Nacht der Gespräche führt zu Erkenntnissen, welche es nahe legen, dass keiner der "Selbstmordkandidaten" einige Wochen später das Versäumte nachholen wird wollen. Der aufgestellte "Zeitplan" ist somit nur eine Sicherheitsmaßnahme, um den Kontakt zueinander nicht zu verlieren. Immerhin ergeben sich Freundschaften untereinander, und die will man nicht aufgeben. Maureen fährt zum ersten Mal nach Jahrzehnten mit ihren drei Kameraden auf Urlaub, und kann ihn genießen.

Die Schlüsselszene folgt relativ spät. Alle Vier gehen nochmals auf die Plattform, von der sie hatten abspringen wollen. Was sich seinerzeit keiner ernsthaft getraut hatte (bzw. gab es schon Kleinigkeiten, die sie davon abhielt), verwirklicht ein Mann, der eine letzte Zigarette raucht. Jeder der Vier fühlt sich verpflichtet, dem Mann zu helfen. Aber er schmeißt die Kippe in den Abgrund, ehe er selbst hinterherspringt. Er tut jenes, was die Vier nicht tun hatten können. Und dies ruft freilich bei allen einen Schock hervor.

Die introspektiven Darstellungen der Lebenswelten verfügen über jenen Witz und Esprit, durch den sich Nick Hornby einen Namen als Autor machen konnte. Auf witzige Weise über ein todernstes Thema zu schreiben ist ihm scheinbar mühelos gelungen. Aber wer weiß, wieviel Arbeit dahinter steckt? Jedenfalls ist der Roman leicht lesbar, und auch für Menschen geeignet, die zu Depressionen neigen. Möglicherweise fühlen sich diese nach Beendigung des Romans sogar um einiges besser.

Wenngleich die Geschichte wohl einen Tick zu lang ausfällt, ist sie aus meiner Sicht keineswegs auf jene langweilige Angelegenheit reduzierbar, die ihr von vielen Rezensenten zugestanden wird. Die früheren Romane von Nick Hornby mögen eine andere Qualität aufweisen. Das hängt aber mit Sicherheit auch mit anderer Thematik zusammen. Letztlich ist "A long way down" als Hymne an das Leben lesbar. Und dies ist jene Lesart, durch die auch das Leben der Leser neue Energien entfalten mag.
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Dieses Buch wurde empfohlen von Jürgen Heimlich
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