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Die Behandlung
Mo Hayder

Inzwischen empfinde ich Überdruss bei der Trockenheit von englischen Krimis, bei dem akribischen Sammeln von Fakten, bei der unwirtlichen Welt von London im Regen. Da ist es, wider erwartend, eine aufregende Sache für mich geworden, das Buch von Mo Hayder "Die Behandlung" zu lesen. Nach dem "Vogelmann" ein weiterer erstklassiger Thriller von ihr. Der Klappentext von "Die Behandlung" vergleicht das Buch mit "Das Schweigen der Lämmer". Das ist sicherlich nicht übertrieben. Es fesselt, es quält, es zwingt einen weiterzulesen. Selten ist es mir mit einem Buch so gegangen. Die Faszination des Bösen nimmt einen gefangen, es ist nichts Abstraktes, nichts Fiktives, es ist alles so furchtbar real, und doch unvorstellbar. Andauernd habe ich gedacht: "nein, nun reicht es, ich kann nicht weiterlesen, es geht nicht mehr, es kann nicht noch schlimmer kommen." Ich bin bestimmt nicht zart besaitet und ich suche auch nicht andauernd den Kick, dass es immer noch weitergehen muss, dass es immer noch schlimmer werden muss, und doch war ich seltsam fasziniert von der menschlichen Grausamkeit, von der gierigen Kälte, von den unaussprechlichen Abgründen einer Seele. In dem Buch geht es um Kindesmissbrauch, um Pädophilie, um Verlustängste und um Vergangenheitsbewältigung. Inspector Jack Caffery versucht einem Täter auf die Spur zu kommen, der Kinder und deren Eltern aufs Grausamste quält, der Familien zerstört, Seelen verletzt und Körper schändet. Caffery verstrickt sich damit immer mehr in seine eigene Vergangenheit, verheddert sich mit seinen Kindheitserfahrungen. Wir erfahren von seinem Trauma, dem Verschwinden seines Bruders im Alter von neun Jahren, und merken, dass er das nicht ablegen kann, dass es sein Denken, sein Fühlen, und je weiter der Fall fortschreitet, auch sein Handeln, bestimmt. Der Junge der Familie Peach ist verschwunden, das Haus der Familie ist zum Gefängnis geworden, die Mutter ist traumatisiert und der Vater schweigt, lehnt die Zusammenarbeit mit der Polizei ab. Inspector Caffery vertraut seiner Intuition, seinem Instinkt und findet mit Beharrlichkeit den Junge, leider zu spät. Kinder in der Gegend sprechen vom "Troll" der sich zeigt, der beobachtet, der Angst macht und dann wieder verschwindet. Es gibt Hinweise, denen man keine Beachtung schenkt und Spuren, denen man ohne Erfolg nachrennt. Die Polizeiarbeit ist hier deutlich nachvollziehbar und dennoch nicht nüchtern dargestellt. Immer wieder spiegelt die Persönlichkeit des Inspectors die Handlung wider und der Leser ist immer wieder versucht zu sagen: "das kann doch alles nicht wahr sein". Die Ereignisse spitzen sich dramatisch zu, als der Troll erneut eine Familie zu Opfern macht. Wer sind sie ? Wo sind sie ? Wie kann man ihnen noch helfen ? Es entsteht ein unglaubliches Schema eines völlig kranken Mannes, mit einem Hass gegen Frauen, mit einem Erniedrigungswillen, mit einem Gewaltpotenzial, das einen schaudern lässt. Wir werden in Räume geführt, die von Fäkalien stinken. Wir sehen Bilder, auf denen Achtjährige ihren Po in die Kamera recken. Wir hören, dass "Kinderpornos fast wie die von Erwachsenen sind, nur das die Darsteller eben etwas jünger sind". Inspector Caffery hat seine Not damit, seine eigenen Gefühle im Zaun zu halten. Das Buch zeigt, wie aus einem erfüllten Leben ein Albtraum werden kann, wie aus Familienmitgliedern Fremde werden, wie Tote unser Leben begleiten.
Dieses Buch ist nichts für schwache Nerven und zartbesaitete Seelen, nichts für einen ruhigen Schlaf und nichts, was den guten Glauben in die Menschheit noch stärken könnte. Dieses Buch ist ein Albtraum, blankes Entsetzen und Fassungslosigkeit, ein Thriller erster Güte.

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Dieses Buch wurde empfohlen von Carmen Ritter

E-Mail: carmen.ritter@htp-tel.de

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