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Faktotum
Charles Bukowski

Eine ganze Weile habe ich überlegt, ob ich überhaupt Worte über das Werk "Faktotum" von Charles Bukowski verlieren soll ?! Doch ich denke, wenn ich es schon bis zum Schluss gelesen habe, kann ich mich auch dazu äußern.
Bis zum Schluss habe ich nämlich gehofft, dass es irgendeine Aussage in dem Buch gibt, dass irgendetwas passiert, dass es eine Wendung gibt, dass der ausgetretene Pfad des Einerleis mal verlassen wird. Vergebens gehofft.

Der ruhelose Henry "Hank" Chinaski wandert, pilgert, in der Zeit des zweiten Weltkrieges durch die USA. Nirgendwo hält er es lange aus. Wir begleiten ihn auf seinen Reisen, die mehr Fluchten gleichen als Erlebnis- oder gar Erkenntnis- Touren. Chinaski ist alles oder nichts. Er ist rastlos und depressiv, alkoholabhängig und trägt keine Moral in sich, in keiner Beziehung. Er verbraucht Frauen in seinem Leben wie er Mücken tötet, er lebt von heute bis zum morgigen Tag und manchmal auch nur vom frühen Morgen bis zum späten Abend, weiter reicht sein Blick nicht. Er macht sich in seinen Bewerbungsunterlagen immer erheblich besser als er es tatsächlich ist. Er stellt sein Unvermögen als Flexibilität dar, tarnt Befugnisüberschreitungen als Eigenständigkeit und das Ausnutzen von anderen Menschen als "seine eigene Haut retten". Chinaski nimmt jede Arbeit an, außer die bei der Müllabfuhr, die Zusammenarbeit mit den schwarzen Kollegen dort, lehnt er dann doch "als unter seiner Würde" ab. Und allein dadurch wird der Snobismus, den sich der Darsteller eigentlich gar nicht leisten kann, deutlich. Chinaski sucht einen Job, der ihm hilft zu überleben. Mehr nicht. Leider nicht mehr. Denn völlig perspektivlos wird im Buch deutlich, dass der Mann nichts sucht, gar nichts. Er hat keine Träume mehr, keine Vorstellungen, keine Wünsche. Er gibt sich zufrieden mit der Rolle, die das Leben für ihn bestimmt hat und in der er sich sehr mitleidig suhlt. Durch sein Desinteresse an seiner Umwelt, durch seine geradezu niederen Instinkte in Sachen Sex und durch seinen reichlichen Alkoholkonsum, hat man immer den Eindruck, sein Leben ist gleich beendet. Man wartet eigentlich nur darauf, dass das Buch endet mit seinem Tod. Man wünscht dem seltsamen, kauzigen Menschen, dem Faktotum, geradezu, dass er vom Elend seines Lebens erlöst wird. Doch selbst im Schlusssatz, " Und ich kriegte keinen mehr hoch.", wird deutlich, wie wenig Liebesfähigkeit, wie wenig Freude und Wärme das Leben des Henry Chinaski begleitet.

Was kann an diesem Buch fesseln ? Ein anderer Rezensent hat geschrieben, dass es die radikale Ehrlichkeit ist, mit der Bukowski nur einen Wunsch beschreibt, den des Überlebens. Wenn dem so ist, ist es zu wenig. Vielleicht bin ich zu sehr Individuum als das ich mich mit diesem Anspruch zufrieden geben könnte ? Wenn für den Autor, so scheint es jedenfalls, der einzige Sinn des Lebens ist, es irgendwie zu überleben, bin ich dazu nicht bereit. Vom Buch habe ich erwartet, dass etwas, wenigstens irgendetwas !, passiert. So leidenschaftslos, illusionslos und willenlos wie Chinaski habe ich selten eine Romanfigur empfunden. Da hilft auch die drastische, schmutzige, vulgäre Sprache von Bukowski nichts. Kein Roman gewinnt an Tiefe allein dadurch, dass man von Scheißeflecken, Pissegeruch und dem besten Fick des Tages schreibt.

Bukowski (1920 - 1994) wird als einer der ganz großen zeitgenössischen Autoren des vergangenen Jahrhunderts betitelt. Die Figur des Henry Chinaski soll angeblich einen authentischen Teil von Charles Bukowski darstellen. Dann war er in meinen Augen ein sehr bedauernswerter Mensch. Bukowskis Fürsprecher beschreiben seine Sprache als "die Poesie der Straße". Wenn das die Poesie der Straße ist, wundere ich mich, dass es dennoch so viele Romane mit Inhalt gibt, mit Weitblick und Zuversicht, mit Stil und Atmosphäre. Bukowski spielt hier mit dem klassischen Klischee von der schmuddeligen, billigen, ordinären Welt der Armen. Vielleicht ist es in weiten Teilen tatsächlich so, doch ich weigere mich, zu glauben, dass das Poesie der Straße sein kann.

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Dieses Buch wurde empfohlen von Carmen Ritter

E-Mail: carmen.ritter@htp-tel.de

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